Ein gewisses Grundniveau an
Bäuerlichkeit darf abseits der Ballungsgebiete natürlich in keiner zünftigen
Kleinstadt oder keinem urigen Dorf fehlen. Oft passiert es jedoch, dass
einzelne (und manchmal auf hunderte Individuen) dieses Niveau meilenweit
überschreiten, und zu HELDEN DER DÖRFLICHKEIT mutieren.
Ach echt? Welche klassischen
Werte wurden DIR denn in SEA WORLD so beigebracht? Aber im Ernst: Da sollte man
entschieden dagegenhalten und den Patriarch von Lande mal genauer unter die
Lupe nehmen, bevor es wieder für zwei bis drei Dorfkinder zu spät ist. Das
wichtigste Element des leicht bis stark übergewichtigen und viel zu
grobschlächtigen Dorfvaters ist natürlich die offensichtlich genetisch bedingte
Die Familie, also der Patriarch
selbst, seine frustrierte aber funktionierende Ehegattin inklusive der
Teenager-Tochter und dem blutjungen Sohn treten die Heimfahrt vom
Gemischtwarenladen an. Währenddessen äußern die Familienmitglieder, zunächst
vom Vater unkommentiert, ihre Pläne für das kommende Wochenende und ergötzen
sich am Adrenalin der kreativen Freizeitplanung. Doch DA HABEN SIE ihre
Rechnung noch NICHT mit dem Dorfboss gemacht. Man muss sich seinen Kommentar in
belehrendem und pseudo-überlegenem Ton vorstellen:
„Hah, für Sonntag werden keine
Pläne gemacht. Da wartet die Dachrinne, die macht sich nämlich nicht von
alleine sauber.“
Zunächst entwickeln die drei
anderen Beteiligten noch kleine Hoffnungsschimmer für Freitag und Samstag, bzw.
für den Sonntagabend NACH der Dachrinnen-Reinigungsaktion. Doch auch dieser
Keim der Hoffnung wird JÄH vernichtet:
„Am Sonntagabend muss man nicht
rausgehen, da ruht man sich aus, am Montag ist nämlich wieder Schule.“
Der zaghafte Ansatz der Tochter,
sich danach zu erkundigen, ob es denn eine Ausgeherlaubnis für den Freitagabend
geben würde, erweist sich kurz darauf als unnötig, da der Patriarch auch zu
gelegentlichem Gedankenlesen befähigt ist:
„Du, Freitagabend ist nichts mit
Party. Mit solchen Noten muss man nicht feiern gehen.“
Das bedeutet also, dass das
letzte Aufbäumen eines möglichen Wochenendes auf den Samstag fallen muss. Doch
DA hat die arbeitsscheue Bande ihre Rechnung nicht mit der MUTTER des
Patriarchen gemacht:
„Samstag wird sich nichts
vorgenommen. Da kommt Oma Agathe, da gibt es Kaffee.“
Wichtig ist es, noch zu erwähnen,
dass den Kindern und der Frau sämtliche Süßigkeiten, Girlie-Zeitschriften und
eine Flasche alkoholfreier Prosecco im Lebensmittelgeschäft untersagt wurden. „Man
müsse ja nicht für jeden Quatsch Geld ausgeben, das man hart verdient“, solche
Weisheiten gibt der Patriarch meist genau in dem Moment von sich, während er
gerade fünf bis sieben Kästen Bier in den Kofferraum lädt. Denn ER SELBST ist
von der untersagten Lebensfreude ausgenommen, da er ja der BOSS ist. Ein
weiteres, wichtiges Merkmal des Dorfspezialisten ist sein wachendes Auge, denn
er ist schließlich auch der
Bei keiner Gelegenheit vergisst
der männlichste aller Familienväter, die anderen Mitglieder seiner Kompanie
daran zu erinnern, welchen Verpflichtungen sie nachgehen müssen. Besonders
beliebt sind hierbei Ratschläge, die zu strategisch günstigen Zeitpunkten
gegeben werden, zum Beispiel wenn die Kinder gerade aus der Schule kommen:
„So, die Handys bleiben jetzt im
Wohnzimmer, jetzt werden erstmal Hausaufgaben gemacht.“
Gleiches gilt für die geschundene
Ehefrau, die nach 17 Jahren Ehe immer noch keinen Weg gefunden hat, den
Fettsack so zu vergiften, dass der Verdacht nicht auf sie fällt. Sie erhält
meist dann einen wohlwollenden Hinweis, wenn sie gerade mit dem Haushalt fertig
ist, und sich für fünf Minuten hinsetzen will, da sie den ganzen Mist alleine machen
muss:
„Du, der Rasen müsste mal wieder
gemäht werden. Sind die Hemden schon gestärkt? Also meine Mutter hat das immer
recht gut unter einen Hut bekommen. Aber das muss ja jeder selbst wissen, wie
wichtig ihm die Familie ist.“
Wenn die Kinder schließlich mit
den Hausaufgaben fertig sind, wollen sie sich gestresst und mürrisch ihre
Telefone vom Chefboss zurückholen. Dieser allerdings weiß genau Bescheid, wie
man vernünftige Menschen großzieht:
„Mooooment Mal Freunde, so weit
sind wir noch nicht. Jetzt geht ihr alles nochmal durch, was ihr in den letzten
zwei Wochen durchgenommen habt. Um Sechs könnt ihr dann rauskommen, da saugen
wir DEN WAGEN.“
Dass der Wagen völlig klinisch
rein ist, spielt dabei absolut keine Rolle. Es geht um Disziplin. Interessant
ist auch die Tatsache, dass der Bildungsaufpasser die Hauptschule einst mit
einem Durchschnitt von 3,8 verlassen hatte. Danach machte er „eine anständige
Lehre“ als Wurstbrotbesorger im Betrieb seines Onkels. Dort lernte er, dass „Arbeiten“
und „Bier“ auch manchmal das Gleiche sein kann. Des Weiteren brachte man ihm
dort bei, dass die Frau im Leben eines Mannes lediglich eine Gehilfin und
Gespielin darstellt. Außerdem besticht der Dorfpatriarch durch seine
weltmännische Bildung und seinen offenen Charakter, der stets nach Verbrüderung
und Frieden strebt:
Politisch steht der Dorfpatriarch
der UNION nahe, WARUM GENAU weiß er allerdings selbst nicht. Er hat einst von
seinem eigenen Vater gelernt, dass „die Politiker lügen“, aber dass „die von
der CDU für den ehrlichen Deutschen was machen“. Daher kann der
mitteilungsbedürftige Familienchef natürlich nicht IMMER seine qualifizierte
Meinung zurückhalten:
„Also wenn solchen warmen Brüder
mal Lehrer an der Schule MEINER Kinder werden, dann müssen wir was machen.“
„Also ich kann euch sagen, warum
die Neger nicht so viel Geld haben. Wir sind halt einfach viel fleißiger.“
„Die Grünen? Also ICH würd keine
zehn Euro für Benzin zahlen wollen.“
Dass der kluge Mann auch
günstiges Benzin für seinen „Stadt-Geländewagen“ will, ist natürlich völlig
nachvollziehbar. Denn wenn er für einen vollen Tank durch die besseren
Politiker insgesamt VIER EURO gespart hat, kann er diese in eine kleine
Belohnung für sich selbst eintauschen. Zum Beispiel eine VIER EURO teure
Bierdose, die er ebenfalls an der Tankstelle ersteht. Und NEIN, das ist
ÜBERHAUPT NICHT unlogisch, denn brave Bürger MÜSSEN billig TANKEN DÜRFEN. Das
steht in den RECHTEN FÜR MENSCHEN, das hat er im INTERNET nachgelesen. Generell
kann man am Querschnitt seiner Suchbegriffe in Google schon ziemlich genau
ablesen, dass er nicht nur vielseitig interessiert ist, sondern auch gern
rundum bestens informiert bleibt. Das MUSS er ja als treusorgender
Familienvater auch sein, oder? Verschaffen wir uns mal einen Überblick über
diese Suchbegriffe:
Offensichtlich ist der Wissensdurst
dieses Mannes kaum zu bändigen. Und er wendet das neugefunden Wissen natürlich
auch wieder direkt auf den restlichen Familienbestand an:
Aber nicht nur für diese
Ratschläge wird der liebende Vater und Dorfgott oft geschätzt. Er weist auch
gern den Nachbar darauf hin, dass ein „zu hoher Rasen wirklich keinen guten
Eindruck macht, nur mal so nebenbei“. Außerdem sitzt er Sonntags während der
Messe IMMER neben seiner Mutter, da sie seine Anleitung, sein ewig führender
Ruhepol der Vernunft ist.
Und weil er seine Weisheit
natürlich auch dafür einsetzt, seinen Liebsten etwas „Gutes“ zu tun, erfreuen
sich seine Diktate für sämtliche, feierliche Anlässe meist höchster
Wertschätzung. Die Tochter, ihres Zeichens Vegetarierin, will ein Bauwagenfest
auf dem Acker, mit all ihren Freunden und angenehmer, musikalischer
Unterhaltung per Ghettoblaster. Da der Dorfprolet aber VIEL, VIEL BESSER
darüber Bescheid weiß, was GUT und RICHTIG für sein Töchterchen ist, wird die
Party mit den Freunden gestrichen. Denn Geburtstage sind Tage der Familie. Also
geht man zu viert essen. In „Rüdigers Bratenschenke.“ Dort gibt es neben
Schweinemedaillons in Schweinesoße mit Schweinebeilagensalat auch „etwas für
unsere kleinen Gäste“ und „Vegeratisches“. Nämlich Pommes. Ohne Ketchup. Im
Hintergrund läuft SWR4.
Nennen Sie mich kleinkariert,
aber der kluge Mann bräuchte auf seinem Geländefahrzeug mal eine gerüttelte
Prise
!!! TAUBENKOT !!! (aber erst,
wenn die Hausaufgaben erledigt sind)
Köstlich, fehlt nur noch eine Karikatur... aber vielleicht reicht auch ein Biographie, dafür fehlt dem Protagonisten nur noch ein Name :-)
AntwortenLöschenMein geschätzter Herr Geheimrat,
AntwortenLöschenGANZ RECHT. Aber wie wir ja wissen, trägt diese "Person" viele Namen, zudem hat sie tausende von Klonen, über jede Kleinkommune der BRD verteilt. Aber das sei sicher: Er wird seine Karikatur bekommen. So viel Zeit muss sein! Besten Dank.